Erfahrungsberichte von Teilnehmenden am Europäischen Freiwilligendienst
Hier präsentieren wir Euch einige Berichte von Freiwilligen, die schon seit einiger Zeit im Einsatz sind oder diesen schon beendet haben.
An einer Schule in Villefranche de Rouergue (Frankreich)
Von Janet Ladwig
Glücklich darf ich berichten, dass bisher alles super gut bei mir gelaufen ist. Sogar noch besser als ich es erwartet habe :D. Wir haben sehr schöne Tag in Strasburg verbracht mit Freiwilligen aus der ganzen Welt. Danach gings dann auf eine 12 Stunden Zugfahrt über Lyon und Toulouse nach Villefranche de Rouergue. Am Tag meiner Ankunft wurde ich direkt nett von den Direktor M. Crespy empfangen.
Am Tag drauf wurde ich von den Lehrern etwas durch die Schule geführt und vorgestellt. Das Wochenende habe ich zunächst ruhig allein im Chateau Graves verbracht, wo ich während des WEs allein bin, da alle Internatsschüler fürs Wochenende nach Hause fahren müssen.
Am Sonntag war ich dann bei meiner Tutorin eingeladen. Wir haben den ganzen Tag zusammen verbracht, viel gegessen und Najac besichtigt. Wir verstehen uns sehr gut.
Diese Woche haben wir dann meinen Stundenplan zusammengestellt. Ich nehme am Philo, Französisch und Spanisch Unterricht teil, gebe den Rotary Schülern hier Französisch Unterrricht, beaufsichtige das CDI, helfe beim Deutsch Unterricht in drei verschiedenen Stufen, biete Deutsch und Musik Aktivitäten für die Nachmittagsbetreuung an, gebe vielleicht noch Deutsch Unterricht in einer Grundschule in Villefranche und arbeite bei der Chor AG mit. Also viel zu tun :).
Am Abend beaufsichtige ich die Kiddis im Foyer des jeunes. Bisher macht mir alles ziemlich viel Spass. Ich bin quasi Austausch Schüler, Lehrer, Aufsichtsperson und Freundin gleichzeitig. Ich kann hier während den Pausen im Lehrerzimmer arbeiten und hab Vorort ein Fahrrad.
Villefranche ist sehr schön, alt und typisch französisch, mit einem schönen Fluss. In der Nähe vom Schloss gibt es einen Carrefour, in dem ich meine Einkäufe machen kann. Eine eigene Küche habe ich auch, die ich morgen mit einem Freund putzen werde^^
Das erste Seminar der frz. National Agentur ist im September in Sommières.
Mit dem Französischen klappt es schon ziemlich gut, ich verstehe sehr viel und versuche auch immer mehr und vorallem richtiger zu sprechen.
Hertha Living Community - Freiwilligendienst in Dänemark
Von Phillip Scharmentke
Der/Die Freiwillige arbeitet in einem kleinen Dorf mit ungefähr 150 Einwohnern, in der aufgrund der Größe eine sehr familiäre Atmosphäre herrscht, welches am Rande des kleinen Ortes Herskind liegt. Es entsteht praktisch ein Ort im Ort. Die Aufgaben der Freiwilligen bestehen darin, dass sie die Behinderten, die zwar tagsüber in Hertha arbeiten, beschäftigt werden und zu Mittag essen, die „sogenannten „Externen“, aber in anderen Einrichtungen im Umkreis leben, morgens abholen und nach Hertha bringen und sie nachmittags wieder nach Hause fahren (dies sind in der Regel 10 Personen). Eine andere Fahrtätigkeit besteht darin, die Milchprodukte und Backwaren, die in Hertha in der Molkerei und Bäckerei produziert werden, ausfahren und zu Läden und Kindergärten bringen. In Hertha leben je nach Zuzug oder Wegzug circa 20 Behinderte, wovon die meisten zwischen 18 und 30 Jahren alt sind, manche jedoch älter. Jeder von ihnen hat eine körperliche Behinderung, es sind aber alle fähig zu laufen. Das Gleiche gilt für die Externen.
Die Freiwilligen können auch in der Bäckerei eingesetzt werden, wo sie unter Anleitung Brot und Süßwaren herstellen, die in den Verkauf gehen oder in Hertha angeboten werden. Dies ist vor allem daher praktisch, weil manche der Bewohner gewisse Inhaltsstoffe in konventionellen Lebensmitteln nicht vertragen und es in der Bäckerei möglich ist, Backwaren ohne eben solche Inhaltstoffe herzustellen. Eine andere Arbeitsstelle ist die Gärtnerei, wo es eine sehr große Auswahl an Gemüse- Obst- und Kräutersorten gibt.
Es kann sein, das die Arbeitsstelle nach einer gewissen Zeiteinheit (z.B einer Woche oder einem Monat), für den/die Freiwillige wechselt, daher ist die Arbeit in Hertha abwechslungsreich. Der normale Arbeitstag fängt etwa um 7:30 Uhr an und endet um circa 15:00 für die Freiwilligen. Danach haben sie Freizeit, und können entweder mit dem Bus oder mit einem der vier Autos, die es in dem Projekt gibt, wenn sie gerade nicht anderweitig genutzt werden, andere Orte besuchen. Das Gleiche gilt für das Wochenende (Samstag und Sonntag), welches für die Freiwilligen Freizeit bedeutet.
Freizeit bedeutet aber nicht zwingend, dass der Kontakt zu den Bewohnern und den Mitarbeitern gekappt ist. Der/Die Freiwillige ist gerne dazu eingeladen, bei verschieden Aktivitäten wie Fußballspielen oder Brett- und Kartenspielen teilzunehmen, und auch zusammen mit Ihnen zu essen. Nach einem gemeinsamen Essen, sei es in der Woche oder am Wochenende, wird zusammen abgeräumt und gespült.
In der Regel gibt es zur gleichen Zeit vier Freiwillige in Hertha, wobei 3 von denen in einer Wohnung mit einer kleinen Küche zusammen wohnen, und der/die andere Freiwillige ein einzelnes Zimmer in einem Nachbarhaus hat, was natürlich nicht bedeutet, dass er/sie kaum Kontakt zu den anderen Freiwilligen hat. Er/Sie kann wann immer er/sie will, mit den anderen Freiwilligen Zeit verbringen.
Neben dem Haupthaus, dem Hertha Hus gibt es einen Vorratsraum, der für die Freiwilligen zugängig ist und dessen Lebensmittel für sie kostenfrei sind. Das Gleiche gilt für die Grundnahrungsmittel im Café, was neben der Bäckerei liegt und allen Produkten, die in der Gärtnerei angepflanzt werden.
Alle Produkte, die in der Gärtnerei angepflanzt werden, sind Bioprodukte, das Gleiche gilt auch für einige der Lebensmittel, die in der Bäckerei produziert werden. Somit wird in Hertha sehr viel Wert auf ökologische Nachhaltigkeit gelegt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es „verboten“ ist, konventionelle Produkte zu konsumieren, man kann dafür in den örtlichen Supermarkt gehen. Es ist trotzdem das Ziel „Herthas“, das Lebensmittelbewusstsein der Freiwilligen biologischer und nachhaltiger zu gestalten.
Zusammengefasst kann man sagen, dass Hertha ein sehr spezifisches Projekt ist, bezogen auf die Lebensmittel und Bewohner und den Freiwilligen die Möglichkeit gibt, sich anzupassen, aber auch genug Freiheiten bezüglich der Lebensweise lässt.
Warum dieses Projekt?
Bevor ich auf das Projekt eingehe, muss ich sagen, dass ich mein Abitur im Juni 2015 abgeschlossen habe, mit 17 Jahren, und ich keine konkreten Vorstellungen hatte, was ich nach der Schule machen würde. Studieren? Die Antwort war Ja, aber welche Fächer? So kam mir eine Infoveranstaltung des Europäischen Freiwilligendienstes in Iserlohn 2014 sehr gelegen, die mich dazu animierte, mich bei verschiedenen Projekten als Freiwilliger in Europa zu bewerben.
Als ich dann von dem Projekt „Hertha Living Community“ hörte, war ich sofort interessiert, da in dem Projekt viel Wert auf den Umgang mit Menschen gelegt wird und speziell der Umgang mit behinderten Menschen eine neue Erfahrung für mich darstellt.
Meine Tante ist Grundschullehrerin und hatte, bevor sie die Arbeit in der Grundschule antrat, Erfahrung in der Betreuung und im Zusammenleben mit behinderten Menschen in Deutschland, und konnte mir nur raten, dieses Projekt anzutreten.
So kann ich das Freiwilligenjahr unter anderem dazu nutzen, darüber nachzudenken, welche Fächer ich wohl am besten studiere und welche Tätigkeiten nach dem Studium für mich am geeignetsten sind und wenn ich davon ausgehe, etwas Pädagogisches zu studieren, welche spezielle Richtung.
Warum Dänemark?
Zuerst muss gesagt werden, dass Dänemark geografisch gesehen nicht weit von meinem Heimatland Deutschland entfernt liegt, und ich somit weitestgehend problemlos und schnell nach Hause fahren kann, sei es für Urlaub oder andere Ereignisse, oder aber gut von Familie und/oder Freuden besucht werden kann. Daher vermisse ich das Gefühl von Abgeschiedenheit komplett, was aber auch unteranderem daran liegt, dass man ständig in Kontakt mit anderen Freiwilligen im Projekt, mit den Bewohnern und den Mitarbeitern steht, und es nicht an sozialen und kulturellen Leben fehlt, sei es im Dorf selbst in Hertha oder aber in den Städten im Umkreis wie Ry, Skanderborg, Silkeborg und vor allem Aarhus.
Bevor ich am 31.07.2015 mit dem Zug nach Dänemark fuhr, wusste ich bereits, was mich in etwa erwartet, da ich mit meiner Familie und mit Freunden schon dreimal im Urlaub in Dänemark gewesen bin, und dort sehr viel Spaß hatte und einen kleinen Einblick in die Kultur und Lebensweise bekam. Zweimal machten wir Urlaub in Hirtsals, sodass ich die dänische Nordseeküste und den Norden Dänemarks kennenlernte, und einmal an der Ostseeküste nahe Aarhus, woran ich keine genauen Erinnerungen habe, da ich dort zu jung war.
Alles in allem haben mir die Urlaube sehr gut gefallen, sowie auch die Natur und die Kultur, sodass ich einen sehr guten Eindruck von dem Land Dänemark bekam, und dies einer meiner Gründe wurde, warum ich dieses Projekt auswählte.
Geografische Lage Hertha
Hertha ist ein kleines Dorf mit circa 150 Einwohnern, welches am Rande des kleinen Ortes Herskind liegt, im Nord-Westen Aarhus, ungefähr eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt.
Arbeit mit Menschen mit Behinderung in Almeria (Spanien) - eine spannende Erfahrung
Von Jessica Piszczek aus Hagen
Neun Monate hat Jessica einen europäischen Freiwilligendienst in Spanien absolviert – entsendet und begleitet durch die eSw.
Hier beschreibt sie ihre Erfahrungen:
Schon immer hat die spanische Mentalität sowie die Sprache eine besondere Faszination auf mich ausgeübt, sodass ich eines Tages beschloss, selbst an dieser damals für mich noch fremden Kultur teilhaben zu wollen. Zur Realisierung dieser Idee erwies sich mir die Durchführung dessen im Rahmen eines Europäischen Freiwilligendienstes als perfekt. Unter anderem, da die Finanzierung dessen keinerlei Belastung weder für meine Familie noch für mich darstellte, was mir sehr wichtig war. Ich begann also die Suche nach einem geeigneten Projekt und bekam letztendlich nach zahlreichen abgeschickten Bewerbungen europaweit innerhalb von mehr als einem Jahr eine Zusage für das Projekt, welches ich letzten Endes auch antrat und das sich als das Perfekte für mich erwies.
Mein Projekt...
Es belief sich auf neun Monate im Zeitraum von Dezember 2013 bis September 2014 und fand in der am Mittelmeer gelegenen Stadt Almería statt, die im südspanischen Andalusien liegt. Dort engagierte ich mich in der gemeinnützigen Organisation VERDIBLANCA, welche eine Tageseinrichtung für physisch und oder auch psychisch behinderte Menschen aller Altersstufen und Behinderungsgraden darstellt, darunter Menschen mit Down-Syndrom, Schizophrenie oder Autismus. Zu meinen Hauptaufgaben während meiner Arbeitszeiten von Montag bis Freitag von acht Uhr morgens bis 14 Uhr nachmittags zählte die Vorbereitung und Betreuung des Frühstücks und Mittagsessens, die Hilfestellung bei Dingen des alltäglichen Lebens (Toilettengang, Rollstuhl,Gehhilfe etc.), die Durchführung diverser z.B. sportlicher oder kreativer Aktivitäten, sowie die Betreuung zu Ausflügen (Museen, Theater etc.).
Darüber hinaus hatte ich mehrmals wöchentlich Einzel - Spanischunterricht bei einem Spanischlehrer. Jeden Tag arbeitete ich so mit etwa zehn Mitarbeitern und 50 Behinderten zusammen. Das breite Aufgabenspektrum ließ somit nur sehr selten Langeweile aufkommen.
Gefrühstückt und zu Mittag gegessen habe ich an Arbeitstagen in meiner Organisation und darüber hinaus durfte ich mir ab und zu Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Milch usw. aus dem dort vorhandenen Lager mit nach Hause nehmen.
Persönliche Eindrücke
Obwohl ich vor Antritt meines Europäischen Freiwilligendienstes nur wenig Erfahrung in dem
Umgang mit Behinderten hatte, und zudem niemals gedacht hätte, dass ich so viel Spaß an der Arbeit mit ihnen finden könnte, erwies sich mit der Zeit der alltägliche Kontakt mit ihnen als sehr bereichernd und ich habe wirklich viel von ihnen über das Leben lernen können.
Hinsichtlich meiner Wohnsituation habe ich ein außerordentlich großes Los gezogen. Nachdem eine zweite eingeplante Freiwillige kurz zuvor ihren EFD abgesagt hatte, durfte ich das Privileg genießen, während meines vollen Aufenthaltes von neun Monaten alleine in einer wirklich schönen, für vier Personen ausgerichteten zentral liegenden Wohnung mit Meerblick (!) zu wohnen. Die Tatsache, dass ich die einzige Freiwillige war, was zugegebenermaßen sehr selten vorkommt, hat mich vor Anritt des EFD sehr unruhig sein lassen, weil ich überhaupt nicht darauf gefasst war.
Ich hatte die Sorge, alleine weniger schnell Anschluss finden zu können und besonders zu Anfang hätte ich mir jemanden an meiner Seite gewünscht. Im Nachhinein erwies sich diese Sorge jedoch als unberechtigt - im Gegenteil: Die Tatsache, von Anfang an komplett auf sich allein gestellt zu sein hat mich daran wachsen und mehr Initiative ergreifen lassen. Darüber hinaus ist es in einem Land wie Spanien durch die Offenheit aller um einen herum fast unmöglich nicht unter Leute zu kommen und sich rasch in die Gesellschaft und das kulturelle Leben gut einzugliedern – jedenfalls fiel mir persönlich dies sehr leicht.
Was mir besonders gefallen hat, war das sogenannte „On-arrival“- und „Mid-term“ -Training. Im Gegensatz zu anderen Auslandsaufenthalten wie z. B „Work and Travel“ oder „Au pair“ bietet der EFD diese beiden obligatorischen Veranstaltungen an, bei denen alle Freiwilligen, die zur selben Zeit wie man selbst in der Umgebung (entweder in der Region oder dem ganzen Land) einen EFD leisten, für eine Woche zusammenkommen und an einem Seminar teilnehmen.
Der Begriff Seminarist für mich sehr negativ konnotiert, man stellt es sich in der Regel als sehr theoretisch und langweilig vor, doch in diesem Fall war es alle andere als das! Durch die positive Ausstrahlung, Motivation und Leidenschaft ausnahmslos aller Seminarleiter und Beteiligten ist in der kurzen Zeit von nur einer Woche so unglaublich viel Enthusiasmus für meinen EFD auf mich abgefärbt worden, dass ich selbst erstaunt war, wie viel ich von dem dort gelernten tatsächlich im Laufe meines EFD anwenden und umsetzen konnte.
Außerdem bietet dieser Rahmen die hervorragende Möglichkeit Kontakte mit jungen Leuten aus ganz Europa zu knüpfen, sich gegenseitig über die gemeinsame Erfahrung EFD auszutauschen und sich gegenseitig in den verschieden Städten, in denen alle verteilt wohnten, zu besuchen oder gemeinsam durch Spanien zu reisen. Auf diese Weise gelang es mir neue, teils enge Freundschaften zu knüpfen.
Das spanische Leben - la vida loca
Zu dem spanischen Lebensstil selbst lässt sich meiner Meinung nach grundsätzlich eines nicht oft genug sagen: Wir Deutschen sollten uns – zumindest was den Aspekt des Genusses des Lebens angeht- wirklich mehr von den Südländern abgucken!
Wo in Deutschland Stress, Hektik, Druck und Planung das Alltagsprogramm regieren, äußert sich die spanische Mentalität in genau dem Gegenteil. Spontanität ist angesagt, man macht, wozu man Lust hat, und zwar genau dann, wenn man dazu Lust hat. Verabredungen und Termine werden kurz zuvor einfach unverbindlich beschlossen oder gar einfach spontan realisiert. Ich habe in der ganzen Zeit, in der ich hier war, nicht einmal den Satz gehört: Ich habe gerade keine Zeit für dich. Diesen Satz kennt man hier nicht. Jeder ist freundlich, offen und sehr hilfsbereit, man nimmt sich Zeit für sein Gegenüber, auch wenn dies in vielen Fällen in der allseits bekannten Unpünktlichkeit der Spanier resultiert, doch an diese gewöhnt man sich mit der Zeit und passt sich an. Besonders fasziniert hat mich an den Spaniern ihre Einstellung zum Leben. Man genießt sein Leben richtig und in vollen Zügen ohne auf die Uhr zu schauen.Spanier sind einfach von Herzen gute „Gute- Laune-Menschen“. Zu jeder Zeit des Jahres findet irgendwo im Lande irgendwo ein riesiges Spektakel statt, bei dem man Spanien von seiner aufregendsten Seite kennenlernen kann, seien es nun die „Fallas“ in Valencia, der Karneval in Cadiz, oder diverse traditionelle Sommerfeste mit anschließenden Stierkämpfen als Höhepunkt, die sogenannte „Feria“.Tatsache ist: In Spanien ist immer etwas los!
Fazit
Insgesamt fällt mein Urteil über meinen EFD in jederlei Hinsicht positiv aus. Meine größte Sorge vor dem Entschluss, ein Jahr im Ausland zu verbringen, war vor allem der Nutzen, den es mir letztendlich bringen würde. Ich wollte ungern, dass sich dieses Jahr einfach als wilde Herumtreiberei entpuppt, einfach nur um Zeit tot zu schlagen, bevor mein Studium beginnt. Was ich hier in Spanien gelernt habe,ist, dass man sein Leben nicht nur danach ausrichten sollte, was einem für die Zukunft den größten Nutzen bringen könnte. Ich habe zukünftig nicht vor, in dem Tätigkeitsfeld zu arbeiten in dem ich mich während meines Projekts engagiert habe. Auch die spanische Sprache werde ich in meinem späteren Beruf wahrscheinlich nicht in dem Ausmaß nutzen, wie ich es erlernt habe. Das ist aber auch nicht weitergehend schlimm und auch nicht ein gewolltes Ziel des EFD, denn, die Erfahrungen, die ich darüber hinaus gemacht habe, sind für mich persönlich um einiges wegweisender gewesen, als alles andere, was ich in Deutschland in diesem Zeitraum hätte erreichen können.
Deshalb befinde ich den EFD als besonders empfehlenswert für junge Leute, die offen dafür sind, sich auf Neues einzulassen, einen Weg in ihrem Leben einzuschlagen, den nicht jeder wagt und ein Jahr ihres Lebens in eine Erfahrung zu investieren, die unter Umständen, wie es bei mir der Fall ist,
ihr Leben überaus positiv bereichert.
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Von Elchen, Trollen und weiten Fjorden
Mein Europäischer Freiwilligendienst in Norwegen
von Theresa Haschke (18)
Einen Monat ist es jetzt her, dass ich den Schritt in ein eigenständiges Leben als Freiwillige im Ausland gewagt habe. Im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes verbringe ich ein Jahr in Nordfjordeid, einem kleinen Dorf (ca. 6000 Einwohner) in Mittel-Norwegen. Was mich genau dort erwarten würde, wusste ich bis zum tatsächlichen Arbeitsanfang nicht. Fest stand nur, dass ich in der „Eid Frivilligsentrale“ aushelfen und verschiedene soziale Dienste übernehmen würde.
Natürlich war die Aufregung riesig, mindestens ebenso groß wie die Angst vor dem großen Unbekannten, dem Leben als Ausländerin, die nur die wichtigsten Sätze und Vokabeln der Landessprache gelernt hat und diese vermutlich auch noch vollkommen falsch ausspricht.
Nachdem die ersten tränenreichen Verabschiedungs-Hürden genommen waren, startete ich, nun vollkommen auf mich allein gestellt, in mein persönliches kleines Abenteuer mit einer etwas turbulenten Flugreise über Kopenhagen nach Bergen. Bei meiner Suche nach den richtigen Gates und Bushaltestellen hatte ich kaum Probleme, denn die Norweger machen es einem sehr leicht, da sie sehr hilfsbereit sind und zu meinem Glück über sehr gute Englischkenntnisse verfügen, sodass ich schließlich am Bergener Fischmarkt auf meine zukünftige Mitbewohnerin aus Spanien treffen konnte.
Mit Clara stellte ich mich dann auf eine 4-stündige Schifffahrt entlang der norwegischen Westküste ein, bei der mich das erste Mal, wie im Laufe meines ersten Monats sehr häufig, der immense Preisunterschied schockte, als ich für eine kleine Flasche Wasser und ein Knäckebrot umgerechnet über 6 Euro bezahlen musste.
Nach einer weiteren Stunde Busfahrt von Måløy nach Nordfjordeid wurden meine zukünftige Mitbewohnerin und ich herzlich von unserer neuen Chefin und unserem Vermieter begrüßt, die uns ohne Widerrede unsere bis zu 20 Kilogramm vollgestopften Koffer abnahmen und uns die norwegische Gastfreundschaft spüren ließen.
Was meine Ankunft in Norwegen perfekt machte, war mein süßes, kleines Zimmer mit fantastischem Ausblick auf den Nordfjord und die Berge.
Kaum hatte ich mich die ersten Tage in dem kleinen Dorf eingelebt, den ersten Berg bestiegen, eine beträchtliche Menge Blaubeeren gepflückt und diverse frei herumlaufende Schafe begrüßt, mussten Clara, Attila (der dritte Freiwillige aus Ungarn) und ich auch schon wieder unsere Sachen packen, denn vier Tage nach unserer Ankunft stand das obligatorische „On-Arrival Training“ in Romarheim (Nähe Bergen) an, an dem wir mit 18 weiteren Freiwilligen aus ganz Europa teilnahmen. Hier sollten wir über die Rechte und Pflichten der Freiwilligen, die Krankenversicherung, mögliche Konflikte und Lösungswege, sowie die Chancen auf ein selbstgestaltetes persönliches Projekt informiert werden.
Der anfänglichen Skepsis zum Trotz verbrachten wir sieben sehr schöne, multikulturelle Tage mit ungewöhnlich viel Sonne in einem Dorf mit gefühlt nur einer Straße, dafür aber einem fantastischen Fjord, der sofort zum Schwimmen und Planschen im Eiswasser genutzt wurde. Diese Woche machte mir mehr als deutlich, dass Sprache nicht immer eine Barriere sein muss, denn obwohl sich einige mehr und andere weniger auf Englisch ausdrücken konnten, haben wir immer einen Weg gefunden, unsere Gedanken auszutauschen und sei es mit Händen und Füßen.
Motiviert und durch das „On-Arrival Training“ und von einigen Ängsten befreit, startete ich in meine ersten offiziellen Arbeitswochen, in denen die Eindrücke nur so auf mich einprasselten und ich die vielen Informationen und Namen kaum verarbeiten konnte.
Für den Anfang genügte mir die Erkenntnis, dass mir die Arbeit wirklich Spaß macht. Ich bin mit kleinen Kindern im Småbarnstreff zusammen, mit älteren Frauen in der Strikkegruppe, aber ebenso mit Gleichaltrigen, wenn ich in der Schule im Deutschunterricht helfe oder mich im Sportunterricht mit den Schülern und Schülerinnen die Berge raufjagen lasse.
Außerdem fühle ich mich sehr wohl im Norwegischunterricht, den ich zusammen mit Immigranten aus aller Welt (Sri Lanka, Afghanistan, Romänien, Philippinen…) und jeden Alters besuche und in dem ich mir mühsam versuche zu merken, dass ein u im Norwegischen wie ein ü ausgesprochen wird und ein o einem u gleichkommt. Ansonsten versteht man aber tatsächlich recht viel ohne großartig Vokabeln zu kennen, der norwegisch-deutschen Sprachähnlichkeit sei Dank.
Ein Projekt, das mir hier besonders am Herzen liegt, ist die Beteiligung an der Oper „Flaggermusen“ (Die Fledermaus von Johann Strauß). Durch kleine Mal- und Näharbeiten helfe ich bei der Vorbereitung für das Stück und ab nächste Woche assistiere ich auch dem Haar und Make-Up Team, das bis zur Aufführung Anfang Oktober beinahe jeden Abend zu tun hat.
Neben meiner Arbeit als Freiwilligen nimmt auch die Natur einen großen Platz in meinem Leben ein, die mit ihrer Schönheit einfach allgegenwärtig ist und auch die kleinste Joggingrunde zu etwas Besonderem macht, wenn man dabei den Fjord in das Rot des Sonnenuntergangs getaucht erleben kann.
Auch liegt der tiefste See Europas „Hornindalsvatnet“ nur eine eineinhalbstündige Radtour von Nordfjordeid entfernt und hat meinen Mitbewohnern und mir ein ganz besonderes Sonntagspicknick verschafft, da uns auch die Sonne sehr gnädig war und uns einige schöne Stunden dort verweilen ließ.
Ebenso viel Glück hatten meine Deutschklasse und ich, als wir den „Briksdalsbreen“ besichtigt haben. Einen Gletscher, dessen grün-bläulich gefärbten Gewässer und imposanten Berge im Sonnenschein einfach noch beeindruckender wirken.
Ansonsten nehme ich mir für dieses Jahr vor, die Berge Nordfjordeids ohne große Anstrengung (!) besteigen zu können und von allen Seiten auf das kleine Dorf hinabgesehen zu haben.
Nach meinem ersten Monat in Norwegen, dem Land in dem Deutsche die Holländer des Nordens sind, weil sie wirklich überall mit ihren Wohnwagen rumfahren, in dem das Taco-Regal größer ist als die Auswahl an Gemüse, in dem Haustüren geschweige denn Fahrräder niemals abgeschlossen werden und man bei dem kleinsten Sonnenstrahl sofort rausgeht, sich trifft und zusammen die seltenen unbewölkten Momente genießt, freue ich mich auf die weitere Zeit, die ich in diesem kleinen aber sehr lebendigen Ort verbringen darf.
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Estland - Tallinn
Aller Anfang ist schwer…
…und dieser war besonders holprig.
von Jutta
Angefangen hatte alles im Januar. Damals ging es zum EFD Seminar nach Berchum.
Es war ein super Erlebnis, all die Anderen kennen zu lernen welche auch ein freiwilliges Jahr machen wollten. Man kann wohl zu Recht behaupten, wir waren eine tolle Truppe und hatten viel Spaß an dem Wochenende.
Mit viel Motivation, entnommen vom Seminar, setzte ich mich, wieder Zuhause, dann an die Arbeit: Projekte heraus suchen, Motivationsbriefe schreiben und verschicken. Dies ging mehrere Monate so. Mit der Zeit nahm die Motivation ab und die Bewerbungen wurden immer und immer weniger.
Vor allem weil auf 90% der Bewerbungen gar keine Antwort kam.
Also entschied ich mich dann Mitte des Jahres dafür mich an Unis zu bewerben. Da in diesem Jahr allerdings der Doppeljahrgang von den Schulen abging war schon klar, dass es schwer werden würde. Ich bewarb mich an verschiedenen Unis, doch ließen diese auch lange nichts von sich hören. Nach und nach trudelten auch von diesen die Absagen herein oder die Nachricht das ich im Nachrückverfahren bin.
Die Frage war nun: Was mache ich denn nun das ganze nächste Jahr?
Ich gab mir einen Ruck und suchte mir noch ein paar Projekte heraus, für welche ich mich bewerben wollte. Wir hatten mittlerweile schon August.
Am 27.08.13 war es dann so weit. Ich habe meine E-Mails nachgeschaut und lese diese eine E-Mail. Ich habe einen Platz in Tallinn!!!
Wann soll ich da sein? Am 6.9.2013!. Also blieben mir ganze acht Tage um alles zu organisieren etc.
Was lernt man daraus? - Nicht aufgeben! Das Glück kann einen doch noch treffen.
Da doch alles sehr kurzfristig war, waren viele Dinge noch nicht erledigt. Ich hatte noch keine eigene Unterkunft in Tallinn und musste deswegen erst einmal bei jemandem unterkommen. Meine Mentorin und auch mein Tutor hatten keine Zeit am Willkommens-Treffen zu erscheinen, aber naja, alles halb so schlimm.
Kristiina, die übrigens die Mentorin eines anderen Freiwilligen ist, hat mich bei sich aufgenommen und ich glaube nicht, dass es mich hätte besser treffen können.
Innerhalb der ersten Tage hatte ich auch schon einen Unfall mit einem Aufenthalt im Krankenhaus als Folge. Es ist aber alles glimpflich verlaufen und es hat sich immer jemand um mich gekümmert.
Alles in allem war es ein sehr holpriger Start mit vieeeeel Chaos. Gleichzeitig habe ich aber auch schon viele tolle Menschen kennen gelernt und viel Spaß gehabt. Ich denke, die nächsten neun Monate werden super.
Das wars dann für den Anfang auch schon von mir.
Liebe Grüße
Jutta
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Kauhajoki - Finnland
Unfassbar viel unberührte Natur
Von Livia
Hei! - Ich lebe nun seit sechs Wochen in Kauhajoki, einer kleinen Stadt mit knapp 15000 Einwohnern im Westen Finnlands.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich eingelebt hatte, die ersten Tage waren schrecklich. Ich wollte so schnell wie möglich zurück nach Deutschland fliegen.
Da ich wusste, dass es wahrscheinlich nur ein wenig Zeit braucht, habe ich mich natürlich gezwungen, alles positiv zu sehen und mir Fristen gesetzt, die ich mindestens einhalten wollte, um mich im Nachhinein nicht ärgern zu müssen.
Mittlerweile bin ich unglaublich froh, die erste Zeit durchgehalten zu haben, ich fühle mich hier wirklich wohl.
Ich wohne in einer Gastfamilie, was mir sehr hilft, mich zuhause zu fühlen. Leider spricht nur meine Gastmutter gutes Englisch, trotzdem ist auch der Rest der Familie sehr nett, wenn auch meine Gastbrüder immernoch nicht richtig aufgetaut sind.
Ich habe ein eigenes Zimmer und kann den Rest des Hauses so nutzen, als wäre es mein eigenes Zuhause. Meine Gastfamilie lässt mich auch Besuch empfangen, was ich sehr nett finde und nicht unbedingt erwartet hätte.
Ich bin zwar keine Katzenliebhaberin, aber ich versuche, mich mit meinem neuen Haustier langsam anzufreunden.
Mein Arbeitsplatz ist schön. Ich arbeite in einem großen Jugendzentrum mitten in der Stadt. Es besteht aus verschiedenen Büroräumen, einem grossen Saal, in dem verschiedene Sport- und Abendveranstaltungen abgehalten werden können, einem Billardraum, einer Küche und einem Fernsehbereich.
Ich habe ganz wunderbare Kolleginnen, die sich gut um mich kümmern, mir bei der Arbeit helfen und gleichzeitig so etwas wie Freundinnen für mich sind, beispielsweise treffen wir uns auch gemeinsam privat und essen und spielen zusammen.
Die Arbeit mit Jugendlichen ist neu für mich und fällt mir teilweise etwas schwer, da viele sehr zurückhaltend sind, aber es ist toll zu sehen, wie sie sich langsam an mich gewöhnen und sich öffnen.
Meine Arbeit besteht hauptsächlich daraus, Zeit im Jugendzentrum zu verbringen, beispielsweise mit den Jugendlichen Spiele zu spielen oder mit ihnen zu backen.
Ausserdem bekomme ich viele zusätzliche Aufgaben, wie zum Beispiel Handarbeiten oder Computerarbeit.
Eine schöne Abwechslung ist es manchmal den Unterricht der Deutsch- und Englischlehrer der örtlichen Schulen zu besuchen. So bekomme ich einen guten Einblick in das finnische Schulleben und kann auch selbst etwas dazu beitragen.
Meine Arbeitskolleginnen haben mich bereits auf verschiedene Ausflüge, die vom Jugendzentrum organisiert werden, mitgenommen. Ich war schon in einer TV-Karaokeshow im Publikum und auf einem grossen Benefizkonzert in Helsinki dabei. Das hat mir beides sehr gut gefallen, da ich direkt am Anfang viel zu sehen bekommen habe.
Kauhajoki hat leider wenig Sehenswertes zu bieten, es ist sehr klein und schöne Gebäude gibt es auch nicht. Was mir jedoch sehr gefällt sind die finnischen Familienwohnhäuser.
Ausserdem ist die Landschaft unglaublich schön.
Meine Gastfamilie nimmt mich häufig auf Ausflüge mit, beispielsweise waren wir zusammen in einem grossen Tierpark und ein Wochenende in ihrem Ferienhaus an einem wunderschönen See. Fast jede finnische Familie hat so ein Haus, “Mökki” genannt, und verbringt viel Zeit im Sommer dort.
Das Schöne und gleichzeitig auch etwas Beängstigende an Finnland ist, dass es so unfassbar viel unberührte Natur gibt.
Vor Kurzem wurde mein Wunsch erfüllt, einen Elch in freier Natur zu sehen.
Ausserdem hoffe ich, im Winter einen Ausflug nach Lappland machen zu können, um den Weihnachtsmann zu besuchen, Rentiere zu sehen und Hundeschlitten zu fahren.
Leider ist es hier schon sehr herbstlich, der erste Schnee soll auch bald kommen. Ich freue mich zwar sehr auf “magische Winterlandschaften”, allerdings weniger auf nur ca. 4-5 Stunden Helligkeit am Tag und täglich 4 km Fußweg durch ca. -20 - -30 Grad, die Dunkelheit und den Tiefschnee.
Am besten hat mir bisher das Ankunftsseminar gefallen. Es fand in Kokkola statt.
Wir waren über 60 Freiwillige, davon ca. 15 Deutsche, was mir zu Anfang sehr viel erschien. Im Endeffekt sehe ich es jedoch positiv, da es nicht zu der befürchteten “Grüppchenbildung” kam und sich jeder mit jedem gut verstanden hat.
Ich habe unglaublich viele tolle Leute kennengelernt. Zwar wohnen die meisten nicht in meiner Nähe, aber trotzdem planen wir, uns gegenseitig zu besuchen oder gemeinsame Ausflüge zu machen.
Ich hoffe sehr, das Muminland in Turku, Lappland, Helsinki und eventuell Stockholm, Tallinn oder St. Peterburg besuchen zu können.
Was das finnische Essen angeht, bin ich leider etwas enttäuscht. Es ist dem Deutschen sehr ähnlich, es gibt fast immer Kartoffeln und Fleisch, nur schmeckt es weniger intensiv, da die Finnen keinen großen Wert auf die Verwendung von Gewürzen legen.
Immerhin gibt es unheimlich viele Sorten Lakritz, hier “Salmiakki” genannt. Das kommt mir sehr entgegen und gehört auch zu meinen absoluten Lieblingswörtern.
Die finnische Sprache gefällt mir generell sehr, allerdings mache ich beim Lernen nicht besonders große Fortschritte. Leider haben wir pro Woche nur 45 Minuten Sprachkurs und bisher keine Hausaufgaben.
Den Sprachkurs habe ich zusammen mit den Austauschschülern der High School, einige davon sind sehr nett und ich hoffe, mich mit der Zeit noch besser mit ihnen anfreunden zu können.
Kontakte zu Gleichaltrigen habe ich hier nämlich leider weniger, abgesehen von den Austauschschülern und den Freiwilligen, die ich auf dem Seminar kennengelernt habe, kenne ich noch niemanden, der in meinem Alter ist, aber ich hoffe und denke, dass sich das mit der Zeit sicherlich noch ändern wird.
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Tallinn - Estland
Eine super Erfahrung
von Bastian
Also fangen wir mal ganz von vorne an...
Vom Flughafen wurde ich von Darja, der Projektleiterin, abgeholt. War alles gar kein Problem und schon ging es für mich in meine neue Wohnung.
Diese liegt im Bezirk Lasnamae von Tallinn. Die erste dicke Überraschung kam direkt am Anfang: Ich wohne zusammen mit den russischen Schwestern Julja und Alexandra. Beide super nett aber vor allem was das Englische angeht nicht sehr bewandert. Das sollte in der folgenden Zeit aber nur mehr Zeit kosten und sorgte nur einmal für kleine Probleme. Diese Verständigungsprobleme bezüglich Besuchs wurden schnell von Darja und Lena geregelt und bis jetzt ist es ein unkompliziertes und gutes Zusammenleben.
Die Gegend lässt sich relativ einfach als der russische Teil von Tallinn bezeichnen. Gespickt mit Hochhäusern und überall „Russisch“. Diese Sprache geht echt ins Gehör. Bis jetzt kann ich mich aber nicht beschweren, abgesehen davon, dass die Wände sehr dünn sind und ich durchaus öfter mal die Nachbarn höre.
Zu Tallinn an sich kann ich eigentlich nur Positives erzählen. Vor allem die Altstadt hat es mir angetan. Das mittelalterliche Flair, die vielen internationalen Leute und generell die Schönheit sind schon beeindruckend. Außerdem gibt es extrem viele Möglichkeiten seine Freizeit zu Gestalten so kann man an Musikalischen Quizveranstaltungen teilnehmen, Saunieren oder Irische Livemusik hören. Was mir auch sehr gefällt.
Ich habe jetzt einen estnischen Ausweis, kann alle öffentlichen Transportmittel umsonst benutzen und hatte sogar die Möglichkeit wählen zu gehen. In Deutschland unvorstellbar.
Nun aber zu den interessanten Dingen meiner Arbeit. Das kann ich grob in vier verschiedene Tätigkeitsfelder unterteilen die ich bisher ausüben konnte.
Den Großteil macht mein non-formaler Deutschunterricht aus. Ich bereue zwei Gruppen, Anfänger und Fortgeschrittene. Meine Aufgaben sind die Vor- und Nachbereitung und die Durchführung des Unterrichts.
Am Anfang erwies sich das als durchaus schwieriger als angenommen. Seine Muttersprache jemand andere zu Lehren kann unter Umständen kompliziert sein. Wie funktioniert die Deutsche Sprache? Warum machen wir etwas so wie wir es machen? Größtenteils muss ich mir die Grammatik selber neu aneignen, da sie zwar im Sprachgefühl vorhanden ist, aber das spezifische Wissen, warum etwas so ist wie es ist, fehlt. Vor allem mit meinem fortgeschrittenen Kurs wird es so langsam richtig spannend.
Ich entdecke viele neue Methoden und Praktiken Wissen zu vermitteln. Auch das Planen von Inhalten für einen gewissen Zeitraum hat sich bei mir enorm verbessert. Es war am Anfang eine große Herausforderung abzuwägen, wie lange welche Übung wohl brauchen wird. Auch die kommunikative Art des Unterrichts sagt mir zu. Ich erfahre so viel über die Leute in meinem Kurs und ich kann ihnen Sachverhalte anhand von alltäglichen Situationen aus meinem Leben erläutern.
Mein zweiter Wirkungsbereich ist in der Universität Tallinn. Dort sorge ich an zwei Tagen für das wohl der Kinder von einigen Studenten.
In diesem "Childs Room" bin ich größtenteils auf mich allein gestellt. Ich kann aber jederzeit Hilfe anfordern oder die Eltern kontaktieren. Hier gilt es größtenteils die Kinder im Alter von 1 1/2 -3 Jahren zu betreuen. Das heißt, ich spiele mit ihnen und versuche sie davon abzulenken, das ihre Eltern nicht da sind. Das gestaltet sich jedes Mal ziemlich anders durch die verschiedenen Launen und Typen der Kinder. Im Gegensatz zum Unterricht benötige ich hier zwar keine Vorbereitung, es ist aber trotzdem anstrengender als gedacht. Auch Kinder in so jungem Alter haben schon eine unglaubliche Energie, wenn es darum geht in Bereiche zu gelangen in die sie nicht dürfen.
Kommunikationsprobleme hatte ich bisher gar keine, wenn ich mit Kindern gearbeitet habe. So war ich auch einmal in eine Aktion namens "serve the city" involviert und habe mit anderen Freiwilligen Weisenkinder bespaßt.
Dann habe ich an einer Projektwoche in unserem Jugendcenter teilgenommen. Diese war zum Thema "Kino und Film". So habe ich eine Woche lang eine Gruppe von ca. 15 Kindern, die im Alter zwischen 7-12 Jahren waren, begleitet. Auch hier spielte es keine Rolle, dass meine Russisch Kenntnisse arg begrenzt sind.
Die Hauptsache ist, man ist für die Kinder da und hat Spaß mit ihnen. Man muss aber auch in den richtigen Momenten Autorität zeigen. In der Betreuung von Kindern und Jugendlichen habe ich eine Menge neue Eindrücke gewonnen.
Mein letzter Bereich ist die sechste Klasse eines Gymnasiums hier in Lasnamae durch Aktivitäten und Sport in der deutschen Sprache voran zu bringen. Hier habe ich erst zwei Schulstunden gemacht, deswegen kann ich dazu nicht so viel sagen. Aber auch diese Kinder sind sympathisch und haben viel Potential. Es macht mir und ihnen Spaß durch den spielerischen Weg Deutsch zu lernen.
Mein Arrival Training wird vom 16.11.-20.11.13 gehen. Ich bin aber bereits mit Jutta in Kontakt getreten und habe so auch viele andere EVS´ler kennen gelernt. Ich muss aber zugeben, dass ich mich von den deutschen Freiwilligen eher ein wenig fern halte. Allerdings als Maßnahme für mich, nicht zu viel Deutsch sprechen zu können. Vor allem habe ich extrem viele neue Leute aus dem Erasmus Programm kennen gelernt.
Zu meinem Mentor Dennis kann ich nur sagen: SUPER! Wir sind jetzt schon echt dicke Freunde und er hat mich voll und ganz in seinen Freundeskreis integriert, was übrigens ein großer Vorteil gegenüber anderen EVS´lern ist, denn ich habe viele Kontakte zu "Einheimischen". Auch macht er seine Arbeit gut und stand mir nach meinen ersten Stunden Unterricht, nach denen ich ein bisschen ratlos war, ob ich denn alles richtig mache, mit sehr hilfreichen Tipps zur Seite und konnte mir bei allem helfen.
Zu meiner Tutorin Darja muss ich glaube ich nicht viel sagen, sie macht alles sehr professionell aber trotzdem auf freundschaftlicher Basis. Bis jetzt gibt es nichts zu meckern sondern nur Lob zu verteilen.
Allgemein geht es mir sehr gut. Ich habe bis auf die russischen Sprachkenntnisse, die noch verbessert werden müssen (russisch ist die Hölle!), nur minimale Probleme gehabt und konnte mich super einleben. Ich schätze, das ist auch der Grund, warum ich mich bei allen in Deutschland so wenig melde. Es läuft alles wie am Schnürchen. Auch die offiziellen Sachen sind jetzt alle erledigt und ich habe bereits den ersten Youth-Pass (inklusive Feedback über den ersten Monat) gemacht.
Persönlich mein Fazit bis hierher:
Eine super Erfahrung, die mir jetzt schon eine Menge mitgegeben hat. Vor allem Erfahrung, Wissen und Techniken, die ich bei der Arbeit anwende, aber es hat mich auch zum Positiven Verändert. Ich bin jetzt seit 4 1/2 Wochen Rauchfrei und fange an Gitarre zu lernen. Auch nehme ich an einem "experimentellen Theaterkurs" teil, sehr interessante Geschichte.
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Gotland - Schweden
1100 Kilometer bis zum Meer
von Nele
Geschafft! Pünktlich am 6. September, sollte nun auch ich mein neues Zuhause, das Permakulturdorf namens Ekoby Suderbyn auf Gotland, erreichen. Nach einer intensiven fünfwöchigen Fahrradtour dorthin, muss ich sagen, dass es wirklich ein unbeschreiblich tolles Gefühl war und ist, ein solches Stück dank eigener Muskelkraft hinter mir gelassen zu haben! Ich kann es euch allen nur wärmstens ans Herz legen, öfter mal vom Auto und Co. auf's Fahrrad umzusteigen. Vieles, was sonst hinter verschlossenen Türen und Fenstern passiert, ist wirklich mehr als erlebenswert!
Aber nun zurück in mitten der Ostsee.
Die meisten von euch haben sicher ein bestimmtes stereotypisches Bild von Schweden im Kopf. Tiefe Wälder, viele, von Mückenkolonien eingenommene Seen und natürlich die roten Holzhäuschen.
Gotland jedoch zeigt nochmal eine ganz andere Seite Schwedens. Von Steilklippen, Stein- und Sandstränden bis hin zu Raukar, Wiesenmeeren, Schafherden und einer mittelalterlichen „Hauptstadt“ namens Visby ist für jede/n Natur- und KulturliebhaberIn etwas dabei!
Mein EVS-Projekt liegt südlich von Visby, und hat sich zur Aufgabe gemacht, die praktische Umsetzung einer alternativen und nachhaltigen Lebensweise sowohl zu zeigen, als auch zu leben.
Mit mir zusammen leben hier noch 13 andere Menschen unterschiedlichster Herkunft, 2 Katzen, 17 Hühner, 3 Enten und unzählige Bienen. In so einer Gemeinschaft zu leben, ist für mich eine wirklich spannende Herausforderung. Es ist interessant mit so vielen unterschiedlichen Charakteren zusammen zu leben, diese zu beobachten und einzuschätzen, aber auch die eigenen Grenzen kennenzulernen. Insgesamt sind wir 4 EVS-Freiwillige, 4 ehemalige EVS'er und der Rest an einer nachhaltigen Lebensweise Interessierte.
Das Projekt baut auf dem Gedanken der Permakultur auf. Dies bedeutet, nachhaltige Lebensformen und Räume zu unterstützen, zu entwerfen und aufzubauen, um somit eine dauerhafte (ökologische, ökonomische und soziale) Lebensgrundlage für Mensch und Natur zu sichern, und diese somit nicht länger auszubeuten.
Was mir besonders an meinem Projekt gefällt ist, dass ich hier an einem Ort bin, in dem nicht (nur) über theoretische Möglichkeiten geredet wird, sondern diese gleichzeitig praktisch umgesetzt werden, Ideen und Interessen geteilt, und der eigenen Horizont überschritten wird.
Dies bedeutet für mich z.B. der Welt der Gartenarbeit näher zu kommen, die verschiedenen Lebensräume zu sehen, und diese versuchen, nachhaltig zu gestalten. Zwischendurch lerne ich immer mal etwas über das Baumaterial Lehm kennen, welches sich aufgrund seiner Eigenschaften sehr für das „ökologische Bauen“ eignet.
Doch auch im Büro gibt es viel zu tun. Suderbyn ist in sehr viele internationale Projekte verwickelt und spielt beispielsweise eine zentrale Rolle in der Entstehung eines „Baltic Ecovillage Network“. Doch auch im Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen, sind wir mit der Organisation IAL als schwedische Kooperationsorganisation, in der internationalen Organisation SCI präsent.
Zusammengefasst ist es also ziemlich variabel und spontan, womit ich meine Zeit hier verbringe und verbringen werde.
Insgesamt verbringe ich bis jetzt allerdings sehr viel Zeit an der frischen Luft und genieße das in vollsten Zügen! :-)
In meiner freien Zeit habe ich mir endlich einen langersehnten Traum erfüllt und angefangen zu klettern. Außerdem arbeite ich als Freiwillige alle drei Wochen in einem alternativen Kino in Visby und kann dafür immer umsonst ins Kino gehen, was in den kommenden Wintermonaten bestimmt ganz nett ist :-)
Hier in Suderbyn habe ich außerdem einen Raum für Slackline, Jonglage und Akrobatik, Theater, Musik und Co. eingerichtet und genieße es, diese Interessen mit anderen zu teilen und gleichzeitig selbst Neues kennenzulernen und zu entdecken.
Im Großen und Ganzen bin ich auf jeden Fall sehr guter Dinge und schaue gespannt auf meine kommenden Monate an diesem großartigen Ort!
Ev. Schülerinnen- und Schülerarbeit in Westfalen (BK) e.V., Ergster Weg 59, 58093 Hagen, Telefon: 02334-96100